75 Jahre OGV Viehhausen: Vielfalt für die Natur
24. Oktober 2024
Kälte und Regen zwangen uns, die ursprünglich geplante 75-Jahres-Feier des Obst- und Gartenbauvereins zusammen mit der Einweihungsfeier für unser neues Gelände mit Vereinshütte ausfallen zu lassen. Dafür bekam dieses besondere Jubiläum bei der Herbstversammlung 2024 den gebührenden Platz.
Der Vereinsvorsitzende Rolf Steigerwald zeigte in seinem lebendigen Vortrag einen beeindruckenden Rückblick auf 75 Jahre OGV Viehhausen und dessen vielfältigen Tätigkeiten.
Weder im Vereinsarchiv noch bei der Gemeinde Sinzing gibt es Hinweise für Ort oder Datum der Vereinsgründung. In späteren Zeitungsartikeln werden Namen der Gründungsmitglieder im Rahmen von Ehrungen genannt. Für die Gründung gibt es keinen offiziellen Beleg – nur einen alten Briefumschlag aus dem Jahr 1949, der „An den Obst- und Gartenbauverein Viehhausen“ gerichtet war. Außerdem liegt von der Bayerischen Warenvermittlung ein Beleg für eine Gutschrift vor, die sich auf den März 1949 bezieht.
Damals schlossen sich 40 Mitglieder zusammen, meistens Landwirte, die sich, für damals in der Nachkriegszeit wichtige Themen in den Bereichen Obstbaumschnitt, Obstbaumveredelung auf ertragreichere Sorten, Gemüseanbau zur Selbstversorgung, fachgerechte Düngung und Schädlingsbekämpfung weiterbilden wollten.
Übrigens: Zu unserem 40-Jahrjubiläum bemerkte der damalige Landrat Rupert Schmid, dass er keinen Obst- und Gartenbau Verein kenne, „in dem so viele Frauen die kompetenten Ansprechpartner im Umweltschutz darstellen“. Er meinte natürlich Ansprechpartnerinnen – aber lassen wir das der damaligen Zeit geschuldet sein ...
Rolf Steigerwald startete seinen Rückblick mit alten Fotos von den Jubiläumsfeiern zu 40 Jahre und 50 Jahren OGV Viehhausen. Die Rückschau in das Vereinsleben brachte auch viele Erinnerungen an verstorbene Mitglieder ins Bewusstsein zurück. Manche Anwesenden erkannten sich auf den Bildern wieder und schmunzelten doch sehr über die damaligen Modevorstellungen für Kleidung und Haarschnitt – und natürlich über die faltenfreien Gesichter!
Auf der 40-Jahres-Feier stellte der damalige Vorsitzende Josef Speigl in scheinbar visionären Worten fest:
„Wenn Sie Ihre Gartenarbeit verrichten, dann verschließen Sie sich nicht den heutigen Notwendigkeiten:
- Sorgsamer Umgang mit dem Boden
- Verwertung aller organischer Abfälle im eigenen Garten
- Vermeidung von chemischen Hilfsmitteln im Garten und im Haushalt
Sein Aufruf: Handeln Sie verantwortungsvoll!
Wie vielfältig die Tätigkeiten des OGV sind, zeigt der Blick über die Jahrzehnte:
Es gab und gibt immer wieder Baumpflanzaktionen: Die erste Streuobstwiese wurde 1993 in der Hochstraße bei Kohlstadt angelegt sowie eine weitere 1998 Richtung Thumhausen. Im Jahr 2000 folgte der Jahrtausendbaum in der Schloßbergstraße und 2003 die Kastanie vor dem Kindergarten. Im Kreuzseefeld pflanzten wir 2007 Winterlinden. Heute können die Mitglieder über den OGV Obstbäume für den eigenen Garten bekommen.
Bäume müssen nicht nur gepflanzt, sondern auch gepflegt werden, sodass sich Baumschnittkurse schon immer großer Beliebtheit erfreuen.
Das dabei anfallende Schnittgut kann am Baumschnittplatz im nahegelegenen Kohlstadt an jedem ersten Samstag im Monat entsorgt werden. Bei dieser Gelegenheit kann man sich mit frischer Komposterde gegen einen kleinen Obulus eindecken.
Neue Pflanzen muss man nicht immer kaufen: Die Pflanzentauschbörse wurde 2019 wieder aufgenommen. Die Jahre darauf gab es eine Corona-Zwangspause, doch 2023 und 2024 war sie wieder ein voller Erfolg. 2024 regnete es in Strömen (Schicksal des OGV?), doch die Börse wurde kurzerhand in (und nicht vor) das Jugendheim platziert und schon herrschte eine fröhliche Stimmung.
Der OGV bietet zudem eine kompetente Beratung von Saatgut über Pflanzen bis hin zum Werkzeug. Da manche Geräte nur selten gebraucht werden, gibt es beim OGV auch Geräte zum Ausleihen.
Die Arbeit des OGV beschränkt sich nicht nur auf die Mitglieder und deren Gärten, auch die Allgemeinheit im Ort und der Umgebung profitiert vom OGV:
Der OGV stellt an schönen Plätzen rund um Viehhausen Ruhebänke auf, auf der sich Wanderfreudige ausruhen und dabei herrliche Aussichten genießen können.
Der Schwesternfriedhof ist ein Augenstern des OGV. Dort wurden die Schwestern des ehemaligen Klosters begraben und sie genießen sicher den Blick von oben auf die wunderschönen Rosen, die von Frühjahr bis Herbst in strahlenden Rottönen schimmern. Die Rosen tragen übrigens den Namen „Out of Rosenheim“. Die Pflege ist besonders wichtig, vor allem weil der Schachtelhalm versucht, sich des Friedhofs zu bemächtigen – doch bei der sorgfältigen Pflege und Wartung hat er kaum eine Chance!
Ab 1986 führte der OGV teils sehr aufwendige Reparaturarbeiten an Baudenkmäler durch. Der Hl. Ivo wurde von Grund auf renoviert. Der Hl . Nepomuk erhielt 1987 ein Schutzdach. Im Jahre 1990 wurde der Bildstock bei Adlstein wieder restauriert.
Beim OGV geht es nicht nur den Pflanzen gut, sondern auch den Tieren:
Vorstandsmitglied Susanne Hieber hat vor einigen Jahren ein Krötenrettungsprojekt ins Leben gerufen, das verhindern soll, dass die Kröten im Frühjahr auf ihrem Weg zu den Laichplätzen überfahren werden. Es gelingt ihr durch die große Hilfe der Gemeinde und vielen großen und kleinen helfenden Händen, Tausenden von Kröten das Leben zu retten.
Auch für andere Tiere ist gesorgt: Insekten oder Igel erhalten geeignete Winter-Quartiere im Hausgarten, Bienen finden auf den Blühwiesen Nahrung.
Wanderungen und Ausflüge sind und waren immer das Highlight des Jahres. Sie führen die Teilnehmenden in Gegenden, die sie sonst vielleicht nicht entdeckt hätten. Spannende Ziele waren oft die Landesgartenschauen. Wanderungen in naher Umgebung, wie Alpiner Steig bei Eilsbrunn oder Max-Schulte-Steig bei Pentling mit botanischer Expertise durch Kreisfachberater Josef Sedlmeier oder auch kultur-historische Begehungen in nächster Umgebung mit Ortsheimatpfleger Alois Renner fanden immer viel Zuspruch. Wichtig sind dabei immer der Erlebnisfaktor Natur und das Zusammensein mit der Gelegenheit zum Austausch.
Der OGV ist im Dorfleben fest integriert und zeigt das mit der Teilnahme an Festivitäten der anderen Ortsvereine.
Der OGV geht auch in die Schule und weckt schon bei den Kleinen in der Grundschule mit Malwettbewerben und Führung von z. B. Wiesenwanderungen das Interesse an der Natur.
Auch der Nachwuchs kommt nicht zu kurz und bildet mit den Grashüpfern die Kinder- und Jugendabteilung des OGV, die dieses Jahr ihr 22-jähriges Bestehen feiert. Für die Gründung der Grashüpfer gibt es eine Gründungsurkunde vom 12.12.2002.
Ihre Taten: Lehmwände und Insektenhotels, Vogelscheuchen, Fossilien, Muttertagsbasteln, Bienen-Nachmittage, Donauwanderungen, Kräuterbestimmungen ... und und und. Dazu kommen immer wieder Veranstaltungen mit der Bücherei Viehhausen, z. B. Kürbisschnitzen und (Vor)-Lese-Aktionen.
Das letzte Highlight der Grashüpfer ist der Limostand auf dem Bürgerfest Viehhausen mit erfrischenden Limonaden, die zum größten Teil aus Früchten der eigenen Gärten hergestellt wurden. Der Limostand fand 2023 zum ersten Mal statt und war 2024 noch erfolgreicher mit mehr Zustrom – so fanden speziell auch die Erwachsenen eine antialkoholische Alternative.
Zum Thema Nachwuchsförderung gehört auch das Thema „Kinderbaum“, das die Kassiererin Sandra Faltermeier vorstellte: Jede Familie mit Nachwuchs kann sich beim OGV melden und erhält für jedes Kind einen Gutschein für einen Obstbaum, dem sogenannten „Kinderbaum“. In diesem Jahr ging der Gutschein an die junge Familie Gröbner: ... Gröbner war selbst jahrelang bei den Grashüpfern ... So schließt sich der Kreis!
Auf der diesjährigen Herbstversammlung kam es auch zu einigen Ehrungen., wenn auch nicht mehr in solchem Ausmaß wie in früheren Jahren. Als Ausgezeichnete im Gartengestaltungswettbewerbs des Kreisverbands Regensburg erhielten Johanna Birner, Theresa Laszlo und Jürgen Meller ein Blumenpräsent. Eine Sonderehrung des OGV erhielten Traudi Müller und Rosa Schultes, die sich seit Jahren rührend um ein kleines Gelände am Sportplatz kümmern und dort ein wunderschönes Kleinod schufen.
Der letzte Block gehörte dem OGV-Gelände und der OGV-Hütte. Über viele Jahre hatte Familie Thomas Schwindl dem OGV, v. a. den Grashüpfern, eine Wiese zur Verfügung gestellt, auf der auch eine Hütte errichtet wurde. Nachdem sich in den letzten Jahren mehr und mehr Eigenbedarf entwickelte, stellte die Gemeinde am Rande eines Neubaugebietes dem OGV ein Grundstück zur Verfügung.
2023 gab es die große Planungsphase, im März 2024 kam der Bagger und legte das Fundament. In einer Gemeinschaftsaktion vom Vorstands-Team und eifrigen Mitgliedern wurde die Hütte innerhalb eines Tages aufgebaut. Der Bürgermeister sorgte für Getränke, einige Mitglieder für Essen. Die Grashüpfer bemalten die Hütte, der Sämann legte ein blühendes Gelände an ... Im nächsten Jahr geht es weiter! Und dann hoffentlich mit der ersehnten Einweihung ...
Das war auch das Stichwort für die Grußworte des 1. Bürgermeisters Martin Brix, der dem OGV-Gelände eine Einweihungsfeier 2025 wünscht. Er lobte die Initiative und bedauerte den Ausfall der Feier. Er übergab ein Geldgeschenk für 75 Jahre OGV Viehhausen im Wert von 300 Euro, auch für das Grashüpfer-Jubiläum gab es einen Zuschuss.
Er wünscht dem OGV Viehhausen weitere 75 Jahre – was angesichts der Grashüpfer Hoffnung für die Zukunft gibt.








